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Der Blick hinter die Kulissen – Die Welt der Medien

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Medienmacht: Schirrmacher, Aust und Döpfner

— Welche Macht haben Medien gegenüber der Politik? Wie wirken Spindoktoren auf Medien ein? Diese Fragen werden seit geraumer Zeit mehr oder minder erfolgriech diskutiert. Diese Woche lassen sich beide Fragen aus einer anderen Perspektive erörtern: Welchen Einfluss haben Medien auf das Kaufverhalten der Leser und: wie wirkt sich Spindoktoring der Medien in eigener Sache aus? Auslöser ist die aktuelle Titelgeschichte des Spiegel. Chefredakteur lässt da inhaltlich das neue Buch von FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher feiern und hat zugleich noch ein Interview mit ihm ins Heft gehoben.
Eine brillante Analyse des Systems liefert Jakob Augstein in der Zeit: „Schirrmacher hat Helfer seines Erfolges. Schon das Methusalem-Buch war im Spiegel vorabgedruckt worden. Und die Bild-Zeitung hatte eine Serie daraus gemacht. Deswegen wurde in der Öffentlichkeit die Verbindung der mächtigen Medienmänner misstrauisch beäugt, Stefan Aust vom Spiegel, Mathias Döpfner von Springer und Frank Schirrmacher von der FAZ. Mal eine Reihe gemeinsamer Interviews, mal eine DVD-Serie in Kooperation, mal eine gemeinsame Filmpräsentation, mal geteilte Exklusivrechte. Das ist ein sonderbares Trio. Die haben festgestellt, dass sie sich mehr nützen können, wenn sie sich nicht schaden. Dass gemeinsame Macht keine geteilte Macht ist, sondern dreifache.“
Schirrmacher dürfte damit gewiss in Kürze Platz eins der Beststellerliste des Spiegels erklimmen. Bleibt die Genugtuung, dass zwar das Kaufverhalten der Menschen beeinflussbar ist, nicht aber deren Einstellungen – zumindest nicht in so kurzer Zeit. „Als die gemeinsame Attacke gegen die Rechtschreibreform geritten wurde, da war allerorten von einem Angriff auf die Demokratie und die Politik und die Neutralität der Presse die Rede, und die Aufregung war groß. Größer, als nötig gewesen wäre. Die Attacke verlief im Sande. Im Wahljahr 2005 haben einige Medien alles getan, die Sozialdemokraten wegzuschreiben. Obwohl die Bedingungen für mediale Einflussnahme nie besser waren, ließ sich das Vorhaben nicht ganz verwirklichen. Eine Lektion in medienpolitischer Demut.“
UPDATE: Wie versprochen, steigt jetzt (13.3.06) auch die Bild-Zeitung auf das Thema ein und widmet Schirrmacher fast eine ganze Seite. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Genau eine Woche nach dem Spiegel wird so die zweite Kaufwelle losgetreten für eine eher dünne These.

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