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Der Blick hinter die Kulissen – Die Welt der Medien

Andreas Grosz: Das Sony Kulturprogramm

Die Ausgangslage

Die Unterstützung und Förderung der Kultur hat bei Sony eine lange Tradition. So war Sony von Anbeginn ganz selbstverständlich Ansprechpartner für die Videokünstler und fördert in diesem Zusammenhang schon seit 1977 regelmäßig die documenta. Doch je mehr Sony sich engagierte, desto mehr Sponsoranfragen, zuletzt bis zu dreitausend pro Jahr, erreichten das Unternehmen. Das punktuelle Engagement wurde für den Multimediahersteller zunehmend ineffizient, denn es verlor sich in der Masse. Die mangelnde Profilierung, der sich in den 90er Jahren verschärfende Kommunikationswettbewerb und die wachsende staatliche Krise in der Kulturfinanzierung warfen im Unternehmen die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Sponsoring auf. Man suchte nach einer Strategie, mit der das kulturelle Engagement im Unternehmen selbst verankert und integraler Bestandteil der Unternehmenskommunikation würde. Ferner sollte das neue Konzept dem Anspruch genügen, die Begründungs-zusammenhänge, also warum und wie sich das Unternehmen im Kulturbereich engagiert, offenzulegen. Das Kulturprogramm sollte transparent und aufgeschlossen für Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner und Medien sein.

Was kann Kulturförderung leisten?

Kunst und Kultur gelten allgemein als Subventionsbranche und so folgt das kulturelle Engagement seitens der deutschen Unternehmen nur allzuoft allein dem Motto des „to be a good-citizen“. Oder es sind einzelne Marketing-Ziele, die ein punktuelles, oft einseitiges Kulturengagement steuern. Das Potential einer intelligent und strategisch angelegten Kulturförderung, die fest in die Gesamtkommunikation des Unternehmens eingebunden ist, wird nur selten erkannt und ausgespielt.

Nach einer Insead-Studie werden durchschnittlich 40% des Unternehmenswertes durch intellektuelle Ressourcen, soziale Kompetenz und das Image des Unternehmens bestimmt (Insead 1997), also durch sogenannte „weiche Faktoren“. Intellektuelle Ressourcen und soziale Kompetenz – das sind Komponenten, die im und vom Unternehmen erarbeitet werden müssen. Dies bedeutet, die Grenzen der eigenen Marktwelt zu verlassen und stets offen für Neues zu sein. Gerade hier setzt die Wirkung einer im internen wie externen Kommunikationsmix fest verankerten Kulturförderung ein. So leistet eine langfristig angelegte Kulturförderung einen direkten Ideen- und Informationsaustausch mit der kreativen Kulturwelt und ermöglicht über diesen Rückfluß neue intellektuelle Ressourcen für das Unternehmen. Das Verlassen der eigenen Produktkommunikation fördert zudem die Kommunikationsfähigkeit des gesamten Unternehmens nach innen wie nach außen. Mit einer gelebten Innovationskultur, die aus wirtschaftlichen und kulturellen Einflüssen gleichermaßen wächst, erweitern sich langfristig auch die sozialen Kompetenzen eines Unternehmens. Gleichzeitig ermöglicht ein kulturelles Engagement neue Kontakte und den Dialog mit ausgewählten Zielgruppen. Es leistet somit vor allem bei Meinungsführern aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Medien einen hohen, qualitätsvollen Werbe- und Imagetransfer.

Wie muß Kulturförderung angelegt sein?

Das kulturelle Engagement eines Unternehmens sollte eine eigenständige Säule der Unternehmenskommunikation und als solche fest in die interne wie externe Kommunikation eingebettet sein. Wie bei jeder Kommunikationsstrategie gelten auch für die Kulturförderung folgende Fragen als Grundlage:

• Auf welchen Märkten bewegt sich das Unternehmen?

• Wie ist die Plazierung in diesen Märkten? Wie wird das Unternehmen in der Öffentlichkeit, bei Mitarbeitern und bei den Kunden wahrgenommen?

• Welche Wahrnehmung intern wie extern wird angestrebt?

• Welche Zielgruppen gilt es anzusprechen?

• Welche kulturellen Themen verbinden sich mit der Unternehmensidentität?

Neben den Antworten auf diese Fragen ist für die Erarbeitung eines Kulturengagements zu berücksichtigen, daß jede als Kommunikationsinstrument angelegte Kulturförderung strategisch und langfristig, glaubwürdig und nachvollziehbar, identitätsstiftend und zukunftsweisend, eigenständig und profilorientiert sowie in den Kommunikationsverbund integrierbar sein muß.

Viel zu oft wird Kulturförderung allein als die finanzielle Unterstützung klassischer Kulturinstitutionen verstanden. Die Grundlage eines jeden guten Kommunikationskonzeptes ist aber immer ein spannendes und zur Identität des Unternehmens passendes Thema – dies gilt gerade auch für die Kulturförderung Denn Kulturförderung verstanden als Themenengagement erhöht die Anfaßbarkeit des Engagement und ermöglicht ein klar definierte Zielgruppenansprache sowie eine differenzierte Medienarbeit. Themen schaffen Identität und Profil. Ein Unternehmen, das sich im Kulturbereich auf einen Themenkomplex konzentriert, der zudem noch einen Bezug zur eigenen Unternehmensidentität hat, zeigt langfristiges Interesse, entwickelt Kompetenz und erhöht die Glaubwürdigkeit des eigenen Engagements. Und gerade für die Belebung der kulturellen Ressourcen im Unternehmen selbst eignet sich die Auseinandersetzung über thematische Förderprogramme eher als punktuelle und damit weit gestreute Engagements. Ziel einer gewinnbringenden Kulturförderung muß es somit sein, innerhalb des externen wie internen Kommuniktationsmixes zur Basis für die Auseinandersetzung mit kulturellen Themen zu werden. Erst die langsam, aber sicher erworbene thematische Kompetenz seitens des Unternehmens erlaubt es, die Themen auch glaubwürdig durch die Public Relation, die Werbung und sogar vom Marketing zu bespielen. So kann die Kulturförderung aktiv in den Kommunikationsmix integriert werden, ohne jedoch ihr eigenes Profil zu verwässern.

Das Sony Kulturprogramm

Sony ist als internationaler Konzern nicht nur führender Hersteller multimedialer Produkte, sondern zugleich eine starke Marke. Extern wie intern verbindet sich mit dem Namen kreative Leistung und visionäres Denken. Gleichzeitig steht Sony gerade im derzeitigen Wechsel von der Industrie- zur digitalen Informationsgesellschaft in einer hohen gesellschaftlichen Verpflichtung. Kreativität und Verantwortung für den Menschen in der digitalen Medienwelt – diese zwei Komponenten sind prägend für die Sony Identität und auch damit die Grundformeln des zu entwickelnden kulturellen Engagements.

Wie aber lassen sich diese zwei abstrakten Grundformeln konkret in ein kulturelles Engagement umsetzen? Ansätze dazu bietet beim Sony Kulturprogramm die Baustein-Struktur, mit deren Hilfe verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden. Verbindendes Glied ist das Thema „Neuen Medien im Kontext von Kunst und Kultur“ sowie das gemeinsame Ziel, mit den einzelnen Engagements und Veranstaltungen Brücken zu bauen zwischen heute und morgen, zwischen Wirklichkeit und Virtualität. Das Sony Kulturprogramm setzt sich aus insgesamt vier Bausteinen zusammen:

• Die Förderung der Kunsthochschule für Medien in Köln und der jährlichen DIGITALE

 

Die 1990 gegründete Kunsthochschule für Medien (KHM) in Köln ist die erste Hochschule für audio-visuelle Medien in Deutschland. Künstlerische Phantasie, theoretisches wie historisches Wissen und medientechnische Grundlagen – das sind die Grundpfeiler der hier praktizierten Ausbildung für kreative und künstlerische Arbeiten in und mit den Neuen Medien. Für Sony bedeutet die Kooperation mit der KHM ein direkter Austausch mit dem künstlerischen Mediennachwuchs. In diesem Zusammenhang steht auch die Unterstützung der DIGITALE als Forum für den experimentellen Umgang mit der digitalen Filmtechnik.

• Das Sony Forum „Brücken Bauen“ als Diskussionsreihe zur Multimedia-Gesellschaft

Mit dem im Oktober 1998 in München gestarteten Forum ist Sony Gastgeber für interessante Medienwissenschaftler und Medienpraktiker, die in einem freien Diskurs die gesellschaftlichen Möglichkeiten und Chancen des Wechsels von der Industrie- zur Informationsgesellschaft debattieren. „Kommunikation mit der Zukunft: Das Wissen, Der Mensch, Die Medien“ so das Thema der ersten Foren Reihe im Herbst/Winter 1998/99. Unter der Moderation von Prof. Dr. Norbert Bolz diskutierten in drei Veranstaltungen Prof. Peter Glotz, Prof. Peter Wippermann, Matthias Horx, Prof. Peter Sloterdijk, Prof. Friedrich Kittler sowie Prof. Hartmut Esslinger. Sony spricht mit den einzelnen Foren gezielt Meinungsbildner aus Wirtschaft, Kultur und Medien an und lädt somit bundesweit zum nachhaltigen Dialog über die Zukunft der Mediengesellschaft ein.

• Die Förderung bundesweiter und internationaler

Kulturveranstaltungen wie der documenta 1997 und Weimar 1999

Für den Global Player Sony ist auch die Auseinandersetzung mit den großen, internationalen Kulturveranstaltungen von Bedeutung. So war die documenta X, deren gesamtes technisches Equipment durch Sony gestellt wurde, 1997 die zentrale Plattform für die Sony-Unternehmenskommunikation. Weitere Projekte dieser Art sind die Europäische Kulturhauptstadt Weimar ‘99 sowie eine große Ausstellung über die Geschichte und Zukunft des elektronischen Bildes und Sehens, die in Zusammenarbeit mit der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn im Jahre 2000 realisiert werden soll.

• Programme zu Kunst und Kultur für Mitarbeiter.

Die verschiedenen Felder der kulturellen Auseinandersetzung können eine Inspirationsquelle für die eigene Unternehmensentwicklung sein. Die konsequente Beschäftigung mit der Kunst, die Fähigkeit aus unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen Anregungen und Impulse aufzunehmen, verbessert im Unternehmen die Rahmenbedingungen für die Entwicklung eines kreativen Potentials bei den Mitarbeitern wie bei den Führungskräften und fördert ein offenes Dialogklima im Unternehmen. 120 begeisterte Sony Mitarbeiter auf der documenta zeugen ebenso von dem Erfolg interner Kulturangebote wie ein gefüllter Saal bei einem Vortrag des Direktor des Kölner Kunstvereins.

Die vier Bausteine fügen sich zu einem offenen Förderprogramm im Bereich von Kunst und Medien zusammen, das – ähnlich den Programmen von Forschung und Entwicklung in Unternehmen – auf fünf Jahre angelegt ist. Nur so lassen sich für beide Seiten – Kultur und Unternehmen – gewinnbringende Partnerschaften bilden und neue Projektideen entwickeln. Die Bausteine garantieren mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten die Förderung des künstlerischen Nachwuchs (Medienhochschule) ebenso wie die Initiative zur Befragung der eigenen Marktwelt (Sony Forum). Auch werden durch die Unterstützung internationaler Kulturevents größere Publikumsauftritte möglich, und nicht zuletzt bietet die Kulturförderung durch das Prinzip der langfristigen Kooperation mit den Kulturpartnern für die Sony Mitarbeiter einen spannenden Dialog zu den künstlerisch-therotischen Umgangsweisen mit der medialen Welt. Mit dieser Vielfalt in der thematischen Einheit bietet die Kulturförderung der Sony Unternehmenskommunikation ein breites Spektrum von Anknüpfungspunkten und Zielgruppenansprachen, ohne ihr eigenes Profil zu verlieren. Vielmehr kann Sony mit dem thematischen Profil der Kulturförderung seine gesellschaftlichen Auftritte als führende, intelligente und kreative Multimedia-Marke inhaltlich glaubwürdig füllen.

Mit dem Sony Kulturprogramm ist es gelungen, über eine Bündelung des zuvor weitgestreuten kulturelle Engagements die Kulturförderung bei Sony zu einer intelligent und vielseitig zu bespielenden Plattform der Unternehmenskommunikation werden zu lassen. Sony hat damit die besten Voraussetzungen, sich im zunehmend enger werdenden Kommunikationswettbewerb eine unverwechselbare Position zu erarbeiten: Der Marktführer als Garant für eine inhaltliche, kreative und visionäre Auseinandersetzung mit den kulturellen und ökonomischen Zeit- und Zukunftsthemen.

Eine in diesem Sinne verstandene und angelegte Kulturförderung leistet weit mehr als einen einfachen Imagetransfer. Sie wird zum Grundpfeiler einer gelebten Unternehmenskultur, mit der Mitarbeiter, Kunden, Geschäftsfreunde, Meinungsführer und eine breitere Öffentlichkeit in das soziale Handlungssystem des Unternehmens eingebunden werden. Kulturförderung als Instrument der Unternehmenskommunikation – das heißt intelligente Kommunikation über spannende und aktuelle Themen mit differenzierten Lebenswelten, die über die verbesserte Kommunikationsfähigkeit des Unternehmens dessen Wert im Markt langfristig steigert.

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