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Demokratie: Regierung muss Parlament Rede und Antwort stehen

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. So sieht es das Grundgesetz vor, was bedeutet, dass auch eine Regierung sich den Volksvertretern stellen muss, die sie bestimmt haben. In der Vergangenheit hat die Bundesregierung die Fragerechte der Abgeordneten massiv missachtet und jeden Trick genutzt, um sie nicht zufriedenstellend zu informieren. Nun hat das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung einmal mehr in einem Urteil zurechtgewiesen. Darin heißt es etwa:

Dem Deutschen Bundestag steht gegenüber der Bundesregierung ein Frage- und Informationsrecht zu (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), an dem die einzelnen Abgeordneten und die Fraktionen als Zusammenschlüsse von Abgeordneten teilhaben und dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert. Die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Verwaltung verwirklicht den Grundsatz der Gewaltenteilung, der für das Grundgesetz ein tragendes Funktions- und Organisationsprinzip darstellt. Ohne Beteiligung am Wissen der Regierung kann das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Regierung nicht ausüben. Daher kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb von Regierung und Verwaltung geht. Die Kontrollfunktion ist zugleich Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament.

Die deutliche Klatsche erghielt die Regierung Merkel nach einer Organklage der Grünen. Sie wollten Informationen zur Bahn und zur Bankenaufsicht erwirken. 2010 war das. 

Wie den Abgeordnten, so ergeht es oft auch Journalisten. sie werden oft mit dem Hinweis auf Geschäftsgeheimnisse und mangelnde Zuständigkeit abgespeist, damit ja keine unangenehmen Wahrheiten ans Licht kommen. Das gilt etwa bei der Deutschen Bahn, zu der die Grünen geklagt hatten. Das Gericht schreibt dem Bund nun eine Verantwortung zu, die er bislang gern an das Bahn-Management abgeschoben hat, die einer deutlich geringeren Auskunftspflicht unterliegen als etwa die öffentliche Hand:

Die Tätigkeiten von mehrheitlich oder vollständig in der Hand des Bundes befindlichen Unternehmen in Privatrechtsform unterfallen dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Dies ergibt sich aus der Legitimationsbedürftigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand. Dabei ist die Verantwortlichkeit der Regierung nicht auf die ihr gesetzlich eingeräumten Einwirkungs- und Kontrollrechte beschränkt. Bei dem derzeitigen Stand der Verflechtung von Staat und Deutscher Bahn AG ist daher der Verantwortungsbereich der Bundesregierung im Rahmen des parlamentarischen Fragerechts eröffnet. Denn solange der Bund eine Gewährleistungsverantwortung sowohl für die Schienenwege als auch für die Verkehrsangebote trägt und zugleich als Alleineigentümer der Deutschen Bahn AG deren Geschäftspolitik zumindest bis zu einem gewissen Grade beeinflussen kann, kann er nicht von jedweder Verantwortung für die Unternehmensführung freigestellt werden.

Ähnlich deutlich votierte das Gericht bei der Frage der Finanzmarktaufsicht:

Auch hinsichtlich des Themenkomplexes Finanzmarktaufsicht hat die Bundesregierung die Grenze ihrer Antwortpflicht bei der Beantwortung der streitgegenständlichen Fragen überwiegend verkannt und hierdurch Rechte der Antragsteller aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt.

Die Arbeit wird mit dem Urteil sicher nicht wesentlich leichter, weil es immer wieder Spielräume gibt, um Auskunftspflichten zu negieren. Es bleibt ein ständiges Ringen um Informationen.

Hier steht die Pressemitteilung.

Und hier das Statement der Grünen:

Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Informationsrechten des Bundestags gegenüber der Bundesregierung erklären die Abgeordneten Konstantin von Notz und Matthias Gastel:

Dr. Konstantin von Notz:

„Nach jahrelanger Ausweitung der Geheimniskrämerei und Beschneidung von Rechten ist dieses Urteil eine überfällige Stärkung des Parlaments. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht, wie zentral die Öffentlichkeit für die Kontrolle der Regierung und wie wichtig Transparenz von Entscheidungen für unseren demokratischen Rechtsstaat sind.“

Matthias Gastel:

„Das Bundesverfassungsgericht ist mit der Bundesregierung hart ins Gericht gegangen. Es wurde ein neues Kapitel für den Parlamentarismus und die parlamentarische Demokratie aufgeschlagen. Die Opposition wurde nachweislich über Jahre hinweg um wichtige Rechte gebracht.“

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