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Information statt Regierungs-PR

— Sollen Pressestellen des Staates informieren? Ja, dazu sind sie da. Sollen sie sich PR-Agenturen bedienen, um ihre Botschaften zu transportieren? Nein, sollen sie nicht. Sie sind vielmehr auskunftspflichtig, auch wenn es unangenehm für die Behördenspitze sein könnte. So sollte es sein, ist es aber nicht. In einem schönen Interview in der Zeitschrift „Message“ diskutieren darüber der Journalist Thomas Leif (Netzwerk Recherche) sowie Klaus Vater, Sprecher des Bundesgesundheitsminsiteriums. Er gilt als einer der schärfsten Sprecher in Berlin, die weniger gerne Fakten präsentieren, sondern Journalisten abbürsten.

Vater: Mein Auftrag lautet: Informiere die Öffentlichkeit. Ich bin auf die Verfassung vereidigt worden und habe das zu tun, was mir die Regierung aufträgt. Die Ausführungsbestimmungen dazu finde ich in mehreren Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes .

Dort ist verankert worden, dass das Verfassungsorgan Regierung die Bürger zu informieren hat. Die Regierung soll ihnen erläutern, was sie tut und auf den Weg bringt. Dabei soll dem Bürger deutlich werden, von welchem Ministerium welche Information kommt. Das ist die Hauptaufgabe von Regierungskommunikation. Das ist auch der Unterschied zu den Parteien, die in der Tat streiten und zuspitzen.

Leif: Zunächst: Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts definieren die Abgrenzung zwischen Information und unzulässiger Werbung in Wahlkampfzeiten. Mir geht es aber um den Regierungsalltag in Ministerien. Hier ist die Zusammenarbeit mit PR-Agenturen problematisch, weil der Funktionsauftrag dieser Agenturen darin besteht, nicht die vollständige Wahrheit zu sagen – sondern werbende Botschaften zu inszenieren.

Außerdem: Sie sagten, dem Bürger soll deutlich werden, welche Information von welchem Ministerium kommt. Dass genau dies nicht immer geschieht, wurde im vergangenen Jahr ausführlich problematisiert.

Message: Insbesondere das Bundesfamilienministerium stand aufgrund von politischer Schleichwerbung in der Kritik, weil es PR-Beiträge über das Elterngeld an Hörfunksender lieferte. Diese Beiträge wurden unkritisch übernommen. Die Quelle »Bundesfamilienministerium« wurde nicht genannt.

Vater: Es gibt in Deutschland hunderte von kleinen Zeitungen oder auch Hörfunksender, die keine Chance haben, sich durch eigene Recherche beispielsweise Informationen über eine komplexe Gesundheitsreform zu beschaffen. Unsere Agentur liefert diesen kleinen Redaktionen Texte, die reine Sachinformation enthalten. Das halte ich nicht für bedenklich.

Leif: Ich habe in solchen Texten und Beiträgen noch nie den Hinweis des wahren Absenders gesehen: »Dies ist eine Information des Ministeriums«. Es wird so getan, als ob es richtiger Journalismus wäre.

Vater: Das stimmt nicht. Die Redaktionen bekommen einen Text, auf dem steht: »Redaktionsbüro Gesundheit – im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums«. Jede Redaktion kann sagen: »Das schmeiße ich weg, Ablage P.« Oder: »Ich arbeite es um und nutze es.«

Message: Sie unterbreiten den Redaktionen also lediglich ein Informationsangebot.

Vater: Ja. Denn so stellen wir sicher, dass auch der Bürger in der Eifel, in Euskirchen, in Düren oder in Calw gut informiert ist. Allein über die Arbeit der Zeitung vor Ort ist dies oft nicht mehr gewährleistet.

Leif: Das ist doch aber kein Freibrief für Sie, auf gefilterte Information zu setzen. Der vermeintlich nicht informierte Bürger – wie Sie ihn beschreiben – erhält durch die Arbeit von PR-Agenturen nur eine werbliche, selektive Auswahl von gewünschten Informationen. Neutrale Informationen bekommt er nicht. Sie beteiligen sich als staatliche Stelle mit Steuermitteln an diesem Prozess der gekauften Kommunikation.

Vater: Natürlich bekommen die kleinen Redaktionen und der Bürger von uns neutrale Informationen.

Leif: Nein, nicht über PR-Agenturen. Nennen Sie mir eine Agentur, die in ihren Texten Kritik an der Arbeit des Ministeriums übt.

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