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mediengeschichte

Zeit und Rheinischer Merkur: 60. Geburtstag


— Nach der Zeit feiert jetzt auch der Rheinische Merkur seinen 60. Geburtstag. Beide Publi- kationen gehören zu den großen, über- regionalen Wochen- zeitungen und erhielten direkt nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten Lizenzen. Der Rheinische Merkur existierte dagegen bereits im 19. Jahrhundert als „erste Gesinnungszeitung von wahrhaft großem Ausmaß“, wie es einmal der Historiker Ulrich Wehler bezeichnet hat. Entsprechend feiert sich der RM in seiner aktuellen Ausgabe und stellt fest, dass der erste Kanzler „mit unserer Zeitung eine Symbiose der besonderen Art“ einging. In einem historischen Rückblick beschreibt Textchef Hans Schiemann, wie man eine Zeitung gründet und warum Gründer Franz Albert Kramer Koblenz als Sitz wählte. „Für die Stadt an Rhein und Mosel entscheidet sich Kramer jedoch aus praktischen Gründen: Hier gibt es eine Rotationsdruckmaschine, die sich durch einen Kraftakt des Besitzers der Görres-Druckerei, Rudolf Verhülsdonk, in gebrauchsfähigen Zustand versetzen lässt. Sechs arbeitslose Lokomotivführer haben Entrostungsmittel aufgetrieben, gleichzeitig trifft die Papierzuteilung aus dem Schwarzwald ein.

Aus den Aufzeichnungen von Otto B. Roegele, Mitglied der Gründungsmannschaft und später Chefredakteur und Herausgeber, wie auch aus denen von Eduard Verhülsdonk, RM-Redakteur schon in der Gründerära, erfahren wir viel aus dieser spannenden Zeit. Alles und jeder steht parat zum Zeitungmachen. Der Remigrant Kramer bringt die Lizenz und das Konzept mit, und Verhülsdonks Onkel stellt Technik und Räume, eine behelfsmäßige Organisation und die finanziellen Mittel zur Verfügung.
Ein Titelblatt des Görresschen Rheinischen Merkur findet sich auf dem Speicher des Pfarrhauses von St. Kastor; nach ihm wird der neue Zeitungskopf geschnitten. Auch das Medaillon von Vater Rhein und Mutter Mosel, das die Koblenzer Lokalseite ziert, ist dem Fundstück entnommen.
Kramers Redaktionsstab rekrutiert sich auch aus beruflichen Außenseitern: je ein Mediziner, Jurist, Philologe, Volkswirt, Diplomat sowie zwei junge Soldaten als Volontäre. Alle eint die Geistesverwandtschaft mit dem Rheinischen Merkur. Die Redaktion befindet sich in einem Erkerzimmer des Freundschen Hauses in Koblenz. Hinter seinem Schreibtisch thront Kramer wie ein Gebieter, der mächtige Schädel, das krause Blondhaar von Licht umflossen. Er spricht präzis, ruhig, überlegt, mit sparsamen Gesten, liebt ein kühles Pathos, prunkt nicht mit seinem philosophisch geordneten Wissen.“

Während die Zeit mit einer dreiteiligen Beilage die letzten 60 Jahre revue passieren ließ, hält der Merkur mit einer einmaligen Beilage zum Thema „Was heißt hier konservativ?“ dagegen.
Zu den historisch bedingten Geburtstagen sammeln und diskutieren wir im FORUM.
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