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Baden-Württemberg setzt auf neue „Planungskultur“

MP Kretschmann stellt den „Leitfaden für neue Planungskultur“
vor. Foto: Landesregierung.

Als erstes Bundesland hat die Landesregierung von Baden-Württemberg heute im Kabinett Eckpunkte für einen Leitfaden für mehr Bürgerbeteiligung beschlossen, der das Planen im Dialog besser ermöglichen soll. „Der Leitfaden ist Ausdruck einer neuen Planungs- und Beteiligungskultur“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). In kraft treten soll die Verwaltungsvorschrift allerdings erst im Herbst 2013. Wie wir im Umfeld der Landesregierung erfahren konnten, gibt es vor allem in den Regierungsbezirken Widerstand gegen das Vorhaben, die Bürgerbeteiligung neu zu organisieren. 
Die Grünen hatten es nicht zuletzt den Protesten um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 zu verdanken, dass sie 2011 die Regierung im Stammland von CDU und FDP übernehmen konnten. Zwar wird der Bahnhof nun doch gebaut – dies hatte die Mehrheit der Menschen in einer Volksabstimmung bestimmt -, aber künftig sollen die Planungsverfahren transparenter sein und grundsätzlich eine andere Kultur im Umgang mit den Bürgern einziehen. Die Stuttgarter Zeitung schreibt heute dazu: 

In ihrem Koalitionsvertrag verspricht das grün-rote Bündnis nach dem Desaster um Stuttgart 21 eine „Politik auf Augenhöhe“ als Markenzeichen der neuen Regierung. Dazu ist ein umfangreiches Gesetzespaket in Vorbereitung. Grün-Rot will Volksabstimmungen auf Landesebene und Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene erleichtern. Die Beamten sollen künftig systematisch in Fragen der direkten Demokratie geschult werden. Innenminister Reinhold Gall (SPD) kündigte ein Informationsfreiheitsgesetz an. Die Kultusverwaltung will Schulentwicklungsdialoge vor Ort führen – ein Vorhaben, das allerdings quer zu der zuletzt von der Regierung entdeckten Erfordernis einer Leitplanung für Schulentwicklung liegt.“


Hier noch die Presseerklärung der Landesregierung:

Der Ministerrat hat den Eckpunkten für einen neuen Planungsleitfaden zugestimmt. Nach der Vorlage der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Gisela Erler, will sich das Land selbst verpflichten, bei eigenen Infrastrukturvorhaben wie dem Verkehrswegebau eine frühe Bürgerbeteiligung durchzuführen. „Wie werden mit gutem Beispiel vorangehen und verbindlich in einer Verwaltungsvorschrift festlegen, dass wir die Bürgerschaft so früh wie möglich in die Planungen eigener Vorhaben einbeziehen. Damit entsteht eine rechtliche Verbindlichkeit“, erklärten Ministerpräsident Winfried Kretschmann und  Staatsrätin Erler im Anschluss an die Kabinettssitzung. Darüber hinaus würden in einem mehrstufigen Beteiligungsverfahren konkrete Empfehlungen für die Art und Weise der Bürgerbeteiligung erarbeitet werden. Ministerpräsident Kretschmann und Staatsrätin Erler: „Wir geben nicht einfach etwas von oben vor. Unser festes Ziel ist es, Verwaltungshandeln langfristig bürgerfreundlicher zu machen.“Dreistufiges BeteiligungsverfahrenDer Planungsleitfaden solle als Verwaltungsvorschrift erlassen werden, erklärte Erler. „Wir haben vor, in einem beratenden Teil Empfehlungen für die Durchführung der Bürgerbeteiligung zu geben. Diese Empfehlungen werden in einem dreistufigen Beteiligungsverfahren erarbeitet.“ Zunächst werde eine Runde mit Expertinnen und Experten aus der Verwaltung, von Unternehmen und Kommunen und aus der Wissenschaft zusammen mit erfahrenen Verbandsvertretern einen ersten Entwurf für Empfehlungen erarbeiten, fuhr die Staatsrätin fort. Auf der zweiten Stufe solle dieser Entwurf mit denjenigen besprochen werden, die den Leitfaden später anwenden müssen: mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung. Das Ergebnis dieser Erörterungen gehe in einer dritten Stufe in eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung. Im Herbst 2013 werde der Ministerrat dann über den so abgestimmten Entwurf befinden und eine entsprechende Verwaltungsvorschrift für die Landesverwaltung erlassen.
Praxisnahe HandlungsempfehlungenErler: „Diese Verwaltungsvorschrift kann nur die Landesverwaltung binden, nicht die Kommunen, die teilweise bereits über hervorragende Beteiligungspraktiken verfügen. Um eine effektive und gute Öffentlichkeitsbeteiligung zu ermöglichen, bietet der Leitfaden praxisnahe Handlungsempfehlungen.“ So werde der Leitfaden beispielsweise Schnittstellen von Planungsverfahren und Bürgerbeteiligung aufzeigen, Checklisten und Musterschreiben für die Durchführung einer Bürgerbeteiligung und ein Verzeichnis von Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern sowie Ratgebern bei Fragen zur Bürgerbeteiligung beinhalten.
Grundlegende Standards und mehr Transparenz schaffenIn der Landesverwaltung sei bereits sehr viel Erfahrung und Expertise vorhanden, so Staatsrätin Erler, aber es fehle eine systematisierte und praktikable Handreichung über das ganze Land hinweg. „Für die Landesverwaltung ist es geboten, grundlegende Standards landesweit und fachübergreifend festzulegen. Für die Bürgerinnen und Bürger gibt es aktuell keine befriedigende Transparenz in Planungsverfahren. Mit dem geplanten Leitfaden haben wir die Chance, das zu ändern“, sagte die Staatsrätin abschließend.

Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg“

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