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Der Blick hinter die Kulissen – Die Welt der Medien

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Freiheit für die Presse

— Ein interessantes Urteil hat der Presserechtler Kurt Braun für den ABZV aufgespießt. Im aktuellen November-Newsletter schreibt er: „Zeitungen sind auch im Wahlkampf nicht verpflichtet, über extremistische Parteien zu berichten. Der Fall: Eine Tageszeitung hatte im Vorfeld einer Bezirkstagswahl die größeren Parteien und Wählergemeinschaften mit Kandidaten und Auszügen aus ihren Programmen vorgestellt. Nicht berücksichtigt wurde eine mutmaßlich aus ehemaligen NPD- und DVU-Mitgliedern bestehende kleinere Partei aus dem rechten Spektrum, die nur mit drei Zeilen und ohne Bild erwähnt worden war. Diese fühlte sich übergangen und beantragte beim Landgericht im Wege der einstweiligen Verfügung den Verlag zu verurteilen, sie in gleicher Weise ins Blatt zu heben wie die anderen Gruppierungen.
Das Gericht verurteilte Verlag und Redaktion zunächst wie beantragt, hob dann aber seine eigene Entscheidung auf Widerspruch des Verlages auf. Begründung nun (die haarscharf an einer Zensur vorbeischlitterte): „Wenn die Redakteure die klagende Partei nur kurz erwähnt haben, kann das im Hinblick darauf, dass diese Partei nicht verschwiegen, sondern nur kurz mit ihren Zielen dargestellt wurde, noch nicht beanstandet werden.“ Tacheles redete in der Berufung das Oberlandesgericht Zweibrücken, das einen Anspruch der Partei auf Aufnahme in den redaktionellen Teil verneinte. Die Richter schlossen sich einer vom Verlag vorgelegten früheren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an. Darin heißt es, seinerzeit allerdings bezogen auf Wahlkampfanzeigen: „Abgesehen davon ist die Presse bei der Auswahl von Nachrichten und in der Veröffentlichung von Meinungen frei. Anders als die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist die von privater Hand betriebene Presse nicht zur Neutralität im Wahlwettbewerb der politischen Parteien verpflichtet.“ Das Oberlandesgericht erstreckt diese Aussage des Bundesverfassungsgerichts erstmals auf rein redaktionelle Veröffentlichungen in einer Tageszeitung.“(AZ 4 U 246/99 OLG Zweibrücken)
Unser Tipp: Über rechtsextreme Parteien kann gar nicht genug im Wahlkampf berichtet werden, wie anders sollen sie ansonsten entlarvt werden? Wenn sich Journalisten nicht mit ihnen beschäftigen, können sie auch keine vernünftigen Interviews führen, wie man am Wahlabend der Sachsenwahl ja leider bei den Öffentlich-Rechtlichen bestaunen musste.

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