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La Tribune: Unternehmer machen Zeitung

— Am Wochenende durften 34 französische Topmanager die Wirtschaftszeitung „La Tribune“ selbst gestalten. Darüber berichtet die FAZ heute:

„Heraus kam ein Blatt, das sich auf den ersten Blick wenig von den sonstigen Ausgaben unterscheidet. Auf den zweiten Blick fallen jedoch interessante Konstellationen mit einigen bemerkenswerten Ergebnissen auf: Da fragte etwa Maurice Lévy, der Chef der größten französischen Werbeagentur Publicis, im Interview Lindsay Owen-Jones, den Verwaltungsratsvorsitzenden von L’Oréal, ob er die hohe Rate ausländischer Kapitalbeteiligungen an französischen Unternehmen für ein Problem halte. Immerhin befänden sich mehr als die Hälfte der CAC-40-Unternehmen im Besitz von ausländischen Investoren. OwenJones daraufhin: „Ihre Frage ist fast schon schockierend!“ Natürlich sei dies kein Problem, denn wer seine Produkte weltweit verkaufe, müsse auch internationale Investoren in seinen Aktionärskreis aufnehmen. „Mit welchem Recht kommt man zu der Annahme, dass ausländische Aktionäre eine irgendwie andersartige und minderwertige Qualität haben als französische?“

In einem anderen Artikel versuchte Christoph de Margerie, der Präsident des Total-Konzerns, den Lesern die Angst vor den berüchtigten Staatsfonds zu nehmen. Denn diese könnten ja auch durchaus willkommene Geldgeber sein. Im Übrigen solle man zwischen Staatsfonds und Unternehmen im Staatsbesitz unterscheiden. Die französischen Energieversorger EdF und GdF dürften ja auch nicht mit Staatsfonds verwechselt werden.“

(…)

„Eine Zusammenfassung der journalistischen Erfahrungen durfte Werbefachmann Lévy im Editorial liefern: „Welch ein Wind der Bescheidenheit wehte an diesem eiskalten Sonntag um diese großen Patrons, die den Beruf des Journalisten ausprobierten“, schwärmte er. „Welch plötzliches Verständnis für die Schwierigkeiten, die Journalisten auf jeder Etappe der Erstellung von Artikeln haben können!“, schrieb er. Einen Kollegen habe Lévy etwa fluchen hören, weil er einen Ansprechpartner nicht erreichen konnte; ein anderer machte die Erfahrung, dass die Kontaktperson nicht mit der Presse reden wollte.

Lévys Schlussfolgerung: Mehr Bescheidenheit sei angebracht. Er habe nun Einblick erhalten in die professionelle und technische Komplexität der Zeitungsproduktion, die besonders in Frankreich mit wirtschaftlich begrenzten Mitteln zurechtkommen müsse. Daher nimmt er sich jetzt den Vorsatz: „Ehrenwort, beim nächsten Mal überlege ich zweimal, bevor ich über einen Zeitungsartikel fluche.““

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