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Weischenberg-Studie: Hang zur Rudelbildung

Siegfried Weischenberg, Medienwissenschaftler und lange Zeit Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, wartet nach 1993 mit einer neuen repräsentativen Studie zur Lage des Journalismus auf. Wenig überraschend: Der Zugang zu einer Journalistenkarriere ist nach wie vor offen. Weder Journalistenschule noch Studium oder Volontariat garantieren den Karriereschub. Klar ist aber auch wieder geworden, dass die meisten Journalisten vorher Praktika absolviert haben, knapp 70 Prozent der Journalisten haben studiert, Tendenz steigend. Weischenberg hat dagegen einen Trend ermittelt, den Praktiker schon lange beklagen: Immer weniger Journalisten müssen immer mehr Seiten füllen, so dass kaum noch Zeit für eine saubere Recherche bleibt. In der SZ sagt er heute: „Tatsächlich existiert eine Rechercheschwäche im deutschen Journalismus. Anders als in Amerika gibt es kaum reine Reporterjobs. Journalisten müssen heute vieles mehr auf einmal tun: Für Online-Ausgaben arbeiten, E-Mails beantworten, sich um Technisches und Organisatorisches kümmern. Das geht vor allem auf Kosten der Recherche.“ Die Folge: Einer schreibt vom anderen ab, Google mutiert zur Hauptrecherchequelle. Auch die Leitwölfe verbünden sich, wie wir bereits berichtet haben und wie Weischenberg jetzt auch noch einmal feststellt: „Vor allem die Großjournalisten aus Presse und Fernsehen. Man sieht bei prominenten Journalisten doch einen Trend zur Rudelbildung. Herr Aust und Herr Diekmann und Herr Schirrmacher und Herr Döpfner kennen sich nicht nur alle gut, sondern man hat den Eindruck, die Harmonie ist auch beruflich groß – Beispiel Rechtschreibreform. In der Studie findet sich das breite Ergebnis: Die Orientierung an Leitmedien und Kollegen ist sehr viel stärker geworden. „
Am Ende warnt Weischenberg vor einer „Entgrenzung“ des Berufs: „Günther Jauch ist das Paradebeispiel der Journalisten, die dabei nicht nur glücklich, sondern auch reich werden. Das viel größere Problem aber ist die Entgrenzung hin zu Public Relations und Weblogging. Parolen aus der Kommunikationswissenschaft wie „jeder ist ein Journalist“ laufen auf eine Deprofessionalisierung hinaus. All das bedroht die Identität des Journalismus. „
Für seine Studie „Journalismus in Deutschland“ befragte Weischenberg 1536 fest angestellte und freie Journalisten im Hauptberuf. Das Buch „Die Souffleure der Mediengesellschaft“ erscheint im September, erste Befunde finden sich HIER und zum Thema Leitmedien HIER. Diskussiert im FORUM.

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