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Wolfgang Fellner: Der Markt schrumpft, der Verleger steigt ein

— Vermutlich hält es Wolfgang Fellner wie ein Spekulant an der Börse: Fallen die Kurse, lohnt sich der Einstieg, steigen sie wieder, heißt es, Gewinne mitnehmen. Seit langem schon fallen die Kurse auf dem Printmedienmarkt: Erst diese Woche wurde erst wieder bekannt, dass die Bild Leser verliert (minus 330 000), ebenso die Bild am Sonntag (230 000), die Süddeutsche Zeitung (minus 50 000) oder die Frankfurter Rundschau (minus 10 000). Insgesamt verloren die Tageszeitungen an Reichweite (von 48,54 auf 47,95 Millionen Menschen). Zumindest die Taz, die FTD, das Handelsblatt und vor allem Wochentitel konnten dazu gewinnen, etwa die Zeit aber auch die Welt am Sonntag. Die Wochenmagazine Spiegel, Stern und Focus dagegen büßten an Reichweite ein, sagt zumindest die Media Analyse.
Genau in dieser Phase bringt Verleger Fellner eine neue Zeitung auf den Markt, wenn auch in Österreich, wo die Welt aber nicht anderes ist als hier.: „Österreich“ heißt das Tabloid, dass Mitte September erscheinen soll. Ein Newsroom ist geplant, wo auf 2400 Quadratmetern 150 Journalisten arbeiten sollen (Foto). Und obendrein plant er noch eine Gratiszeitung für die jungen Menschen, die sich kaum noch fürs Zeitunglesen begeistern können. Heute erklärt er in der FAZ seine Pläne. Im Jahr 1990 war ich bei vielen deutschen Großverlagen, um einen Partner zu finden für ein Magazin. Die Stimmung war: Um Gottes willen! Wie kann einer so verrückt sein und jetzt Magazine starten wollen? Es war das Jahr des Privatfernsehens und jeder hat vom Ende der General-interest-Illustrierten gesprochen. Man kann sich heute nicht mehr vorstellen, wie totgesagt der Sektor Magazin und Publikumszeitschriften war. (…) Für diejenigen, die in den siebziger Jahren durch die Bildungsreform des Bruno Kreisky in Österreich und eines Willy Brandt in Deutschland gegangen sind. Die diese Bildungsexplosion erlebt haben, Matura haben oder in Deutschland Abitur oder Mittlere Reife, die mit dem Fernsehen aufgewachsen sind. Die keine Lesegeneration, sondern eine Schaugeneration sind. Ich habe begonnen, moderne Optik zu machen und gezeigt, daß ein Bild eine Geschichte erzählt, daß Bildtexte ganz wichtig sind, daß man Leser durch ein Heft führt. Genauso war es bei Dirk Manthey, bei Conde Nast, bei dem von mir bewunderten Samuel Newhouse mit „Vanity Fair“ und was da alles entstanden ist Anfang der neunziger Jahre. Diese großen Würfe, diese Kreativität gibt es heute auf dem Magazinmarkt nicht mehr. Also kontert er mit einer Tageszeitung im Tabloid-Format und setzt auf das Rieplsche Gesetz, das auch Springer-Chef Döpfner beschwört. Mein Sohn (Niki Fellner), der in St. Gallen studiert, kam mit einer Stanford-Studie zu mir, die herausgefunden hat: Je höher bei einem Menschen die Online-Nutzung ist, desto höher ist auch sein Tageszeitungskonsum. Das ist genau das Gegenteil der üblichen Meinung, daß nämlich Online Print kille.“ Laut Fellner wird das Internet zum zeitaktuellen Medium, die Tageszeitung zu einem aktuellen Medium mit magazinartigen Hintergründen, das Magazin zum hintergründigen, erklärenden Periodikum.

*** Und sonst noch: Zum 1. August werden die meisten Printmedien und vor allem die Agenturen auf die neue Rechtschreibung umstellen.
Focus löst die Online-Partnerschaft mit Microsoft MSN auf. Jetzt plant Microsoft ein eigenes Portal und will dazu eine Online-Redaktion aufbauen.
Die Gewerkschaft der Journalisten, der DJV, regt sich jetzt auch mal langsam über die Amateur-Reporter bei Zeitungen auf. Der Deutsche Journalisten-Verband warnt vor einer Aufweichung journalistischer Standards durch die so genannten Leserreporter. "Es entwertet die Arbeit von Redaktionen", sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken, "wenn ambitionierte Amateure die Aufgaben professioneller Journalisten übernehmen. Der Mitmachjournalismus schadet auf Dauer dem Qualitätsprodukt Zeitung." Toll.

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