CDU: Merz und die Journalisten
Der innerparteiliche Wahlkampf um den CDU-Vorsitz erreicht nun auch den Journalismus. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) kritisiert Friedrich Merz, im beginnenden Internetzeitalter Anfang der 2000er Fraktionschef der Union im Bundestag, für seine Aussage zum Journalismus in Zeiten der Digitalisierung.
Berlin, 17.02.2020 – Der Deutsche Journalisten-Verband zeigt sich in
einem Offenen Brief an den CDU-Politiker Friedrich Merz „in hohem Maß
irritiert“ über dessen Äußerungen zum Verhältnis von Politikern und
Journalisten. In Aachen hatte Merz von einer Machtverschiebung
zugunsten der Politikerinnen und Politiker gesprochen, die heute über
ihre eigenen Kommunikationskanäle verfügen. Wörtlich sagte er über die
Journalistinnen und Journalisten: „Wir brauchen die nicht mehr.“ Das
sei eine gute Folge der Digitalisierung.In dem Offenen Brief fragt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall: „Was
für ein Verständnis von der Rolle der Medien im demokratischen
Rechtsstaat haben Sie? Sehen Sie in uns Journalistinnen und
Journalisten eine überflüssig gewordene Berufsgruppe? Glauben Sie
ernsthaft, dass Videos, Tweets und Facebook-Postings als
Informationsquellen der Bürgerinnen und Bürger ausreichen?“Sollte der potentielle künftige CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat Journalisten und Medien als vierte Säule des Staates aushebeln wollen, „sage ich Ihnen den erbitterten Widerstand des DJV gegen diese Art der
Informationspolitik voraus“.
Aus Sicht des Wahlkämpfers Merz ist diese Haltung mehr als verständlich, der seine Kommunikation nur zu gern direkt und unkommentiert unters Volk bringen möchte. Spätestens als Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat würde er eine andere Haltung einnehmen müssen, ist die Pressefreiheit und sind Medien doch konstitutiv für eine funktionierende Demokratie (auch das versucht die AfD mit ihrer Idee von der „Lügenpresse“ zu zerstören, um die Hohheit über die Fakten via social media zu erreichen). Aber: Strebt Er diese Positionen wirklich an? Ich habe da schon länger meine Zweifel. Ungeachtet dessen reagiert Merz wie jemand, der selbst schon mitten im Wahlkampf steckt. Jedenfalls reagierte er heute seinerseits mit einem offenen Brief an den Journalistenverband.
Sehr geehrter Herr Überall,
vielen Dank für Ihren Brief vom heutigen Tag.
Sie beziehen sich auf eine Veranstaltung des Aachener Karnevalsvereins vom 21. Januar in Aachen. Der dort von mir gesagte Satz „Wir brauchen die nicht mehr“ stand ausschließlich und erkennbar im Zusammenhang mit der Verbreitung von Nachrichten über die Social-Media-Kanäle. Richtig ist, dass heute jedermann in der Lage ist, über soziale Medien eigenständig Themen zu setzen. Mit dieser Feststellung habe ich an keiner Stelle die Bedeutung einer freien Presse in Frage gestellt, im Gegenteil. Ich betone in fast jeder meiner Reden die Bedeutung und Notwendigkeit der Pressefreiheit, die ich durch ganz andere Entwicklungen erheblich gefährdet sehe. Und wer mich kennt, weiß, dass ich die Pressefreiheit für eine der Grundvoraussetzungen einer offenen und freien Gesellschaft halte. Es gibt also keinerlei Notwendigkeit, den Widerstand des DJV zu organisieren. Im Gegenteil, Sie haben mich bei diesem Thema immer an Ihrer Seite.
Ich freue mich, wenn wir bei Gelegenheit über die tatsächlichen Bedrohungen der Pressefreiheit einmal In einen Dialog eintreten könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Friedrich Merz
Der offene Brief an Friedrich Merz findet sich auf der Seite des DJV: http://www.djv.de/djvoemm/r.html?uid=1.40j.by4.2ryj.n2gm81mi81
Beim DJV dürften sie mit der Kritik zufrieden sein: Merz hat sich nun inhaltlich in ihrem Sinne positioniert.
Ein offener Brief kann übrigens klein wie groß (Offener Brief) geschrieben werden. Siehe dazu die Regel der Verbindungen aus Adjektiv und Substantiv.